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wußten alle, jetzt bringt er gleich den Glöckner von Notre-Dame. Ich weiß nicht, ob es
stimmt. Irgendeiner hatte mir erzählt, Zaremba soll gleich nach fünfundvierzig für drei
Wochen Oberster Richter oder so von Berlin gewesen sein. Er soll ganz ulkige und
ganz scharfe Urteile gefällt haben. No? Herr Angeklagter, Sie waren also schon immer
ein großer Freund der Kommunisten, he-rich?! In dem Stil. »Herich«, das war auch so
ein Wort von ihm. Ich brauchte ewig, bis ich kapiert hatte, daß »herich« »hör ich«
heißt. Zaremba war schon ein Vieh.
Ich weiß nicht, ob er genug vom Singen hatte oder ob er einsah, daß ich und Addi
nicht zurechtkamen. Jedenfalls fing er an, mir die Aufträge zu geben. Das erste war,
daß ich in irgendeinem ollen Klo das Paneel oder vielmehr das, was über dem Paneel
kommt, tünchen sollte und die Decke. Er ließ mich allein dabei, und ich mixte mir die
schönste blaue Soße und fing an, mit der Rolle die Wände und die Decke zu verzieren,
und zwar auf diese Pop-art. Am Ende sah das aus wie eine Serie von Entwürfen für
Autobahnschleifen. Und das alles schön blau. Ich war noch gar nicht ganz fertig, da
stand Zaremba da und der Rest der Truppe hinter ihm. Sie waren wahrscheinlich
höllisch gespannt, was er jetzt mit mir anstellen würde, vor allem Addi. Aber er
machte bloß: No?! Das war wohl das längste »no«, was ich je von ihm gehört habe.
Außerdem legte er dabei noch den Kopf schräg, zog die Filzbrauen hoch und kniff
seine Schweinsritzen zu. Ich hätte mich beölen können. Ich bin heute noch stolz auf
diese neue »no«-Variante.
»Klar, er benahm sich komisch. Einwandfrei. Aber ebendas hätte Uns stutzig machen
müssen, vor allem mich. Statt dessen jagte ich ihn weg, daran konnte auch Zaremba
nichts ändern. Zaremba war vielleicht der einzige von uns, der ahnte, was in Edgar
steckte. Aber ich war wie vernagelt. Es ging um unser NFG, nebelloses
Farbspritzgerät. Wir hatten schon mehrere Sachen gebaut, aber das sollte unsere größte
werden. Ein Gerät, das Farben jeder Art versprüht, ohne daß dieser unverträgliche
Farbnebel entsteht, der bis jetzt noch bei jedem Gerät dieser Art auftritt. Das wäre eine
einmalige Sache gewesen, sogar auf dem Weltmarkt. Leider waren wir damals ins
Stocken gekommen damit. Nicht mal Experten, die wir schließlich ranholten, kamen
damit weiter. Und in dieser Situation stellte sich Edgar hin und machte Bemerkungen.
Da platzte mir leider der Kragen. Ich will mich nicht entschuldigen. Ich war einfach
nicht voll da.«
Jetzt tu mir einen Gefallen, Addi, und halt endlich die Luft an damit. Was in mir
steckte, kann ich dir genau sagen: nichts. Und in Sachen NFG überhaupt nichts. Deine
Idee mit der Druckluft und der Hohldüse war nichts, und meine Idee mit der Hydraulik
war auch nichts. Also wozu das Geplärre. Ich gebe zu, daß ich mir von der Hydraulik
allerhand versprochen hatte, eigentlich von Anfang an, kaum daß ich das Ding ge-
sehen hatte. Es lag da unter unserem Salonwagen rum. Ich war schon mindestens
dreimal darüber gestolpert und hatte es auch schon beschnarcht. Aber ich hätte mir
doch lieber sonstwas abgebissen, als einen danach zu fragen, was das für ein Apparat
war und so. Schon gar nicht Addi. Bis dann eines Tages Zaremba selber den Mund
aufmachte. Ich glaube, dieser Hund sah durch mich durch wie durch Glas. Hast du
noch nicht gesehen, no? Kannst du auch nicht. Ist einmalig. Diese Farbspritze
versprüht Farben jeder Art auf der Erde, im Wasser und in der Luft, schafft wie drei
Maler am Tag in drei Stunden, no, arbeitet ohne diesen Farbnebel und ist damit allen
vergleichbaren Sachen auf dem Weltmarkt überlegen, selbst amerikanischen, herich. -
Wenn sie erst funktioniert, verstehst, no?
Anschließend wischte er ein bißchen Staub auf dem Ding und seufzte eine Weile rum.
Dann sagte er noch: Es ist nicht unsere erste Erfindung, aber unsere beste, no.
Es sah so aus, als wollte er damit Addi und die Truppe anpieken, die natürlich längst
dastanden. Das Ding lag wohl schon eine Weile rum. Es funktionierte nämlich
keineswegs, es nebelte und nebelte, weiter nichts.Ich sagte: Die Maschine wird ihn nie
ersetzen. Dabei hielt ich meinen Pinsel hoch. Ich durfte gerade mal wieder
vorstreichen. Sofort ging Addi los: Hör mal zu, mein Freund. Alles schön und gut. Ich
weiß nicht, was du fürn Spleen hast, aber irgendeinen hast du. Einwandfrei.
Interessiert mich nicht. Aber wir sind hier eine Truppe und keine ganz schlechte, und
du gehörst nun mal dazu, und es wird dir auf die Dauer nicht viel übrigbleiben, als
dich einzufügen und mitzuziehen. Und glaub nicht, du wärst unser erster Fall. Wir
haben schon ganz andere hingebogen. Frag Jonas. - Jedenfalls, der muß erst noch
kommen, der uns auf den Durchschnitt zieht.
Das war's mal wieder. Er machte auf den Hakken kehrt und zog ab, die anderen ihm
nach. Ich verstand bloß die Hälfte. Der Spruch mit der Maschine war schließlich
ziemlich harmlos. Ich hatte noch ganz andere Sachen auf der Pfanne. Old Werther zum
Beispiel. Ich analysierte kurz die Lage und stellte fest, daß ich Addis schwächsten
Punkt erwischt hatte mit der Spritze. Zaremba sagte denn auch: Mußt ihn verstehen,
no. Ist sein Einfall, die Spritze. Jesus, nicht dran rühren. Entweder es wird der Knüller
oder der Reinfall, no? - Sein erster!
Und ich:
Er ist der pünktlichste Narr, den es nur geben kann; Schritt vor Schritt und
umständlich wie eine Base, ein Mensch, der nie mit sich selbst zufrieden ist und dem
es daher niemand zu Danke machen kann.
Das war endlich mal wieder Old Werther. Zaremba riß seine Schweinsritzen auf und
knurrte: No! Das sag du nicht!
Er war der erste, den dieses Althochdeutsch nicht aus dem Sattel warf. Es hätte mir
auch leid getan. Ich gebe allerdings zu, ich hatte für ihn eine ziemlich normale Stelle
ausgesucht. Ich weiß nicht, ob das einer versteht, Leute. Ein paar Tage später kam es
dann zum Treffen. Addi und die Truppe baute die Spritze auf dem Hof von einem
dieser ollen Häuser auf und schloß sie an. Zwei Experten waren aus irgendeiner
Spezialbude gekommen mit einem ganzen Kasten voller Düsen, jede anders. Die
sollten nun durchprobiert werden. Große Show. Alles mögliche Volk robbte an. Die
ganzen Töpfer und Maurer und was sonst noch in den Häusern rumkroch. Es klappte
mit keiner Düse. Entweder es kam ein armdicker Strahl raus, oder es nebelte wie ein
Rasensprenger. Die Experten waren von vornherein nicht besonders optimistisch,
rückten aber jede Düse raus. Addi ließ einfach nicht locker. Er war ein Steher. Bis er
dann zum kleinsten Kaliber griff, und dafür war dann einfach der Druck zu groß. Der
olle Schlauch platzte, und wer im Umkreis von zehn Metern stand, war gelb wie ein
Chinese oder was. Vor allem Addi. Der Heiterkeitserfolg war einmalig bei dem ganzen
Volk.
Die Experten meinten: Laßt man. Uns ist das nicht besser gegangen, und wir haben
alles! Nichts zu machen! Technisch nicht lösbar, jedenfalls heute noch nicht. Das liegt
nicht an den Düsen.
Und dann kam ich und zückte meine Werther-Pistole:
Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den
größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bißchen, das ihnen von Freiheit
übrigbleibt, ängstigt sie so, daß sie alle Mittel aufsuchen, um es loszuwerden.
Die Experten dachten wohl, ich war der Clown der Truppe. Sie grinsten jedenfalls.
Aber die Truppe selbst kam langsam auf mich zu, vorneweg Addi. Sie wischten sich
immer noch die gelbe Soße aus den Gesichtern. Ich nahm die Fäuste hoch, im Fall der
Fälle, aber es kam doch zu
nichts. Addi fauchte bloß kalt: Hau ab! Hau bloß ab, sonst garantier ich für nichts. Ich
konnte sein Gesicht nicht richtig erkennen. Ich hatte selbst noch das Farbzeug in den
Augen. Aber es hörte sich ganz so an, als wenn er kurz vorm Heulen war. Addi war
über zwanzig. Ich wußte nicht, wann ich das letztemal geheult hatte. Es war jedenfalls
eine Weile her. Vielleicht haute ich deswegen tatsächlich sofort ab. Kann sein, ich
hatte den Bogen überspannt oder was. Ich hoffe, es hält mich deswegen keiner für [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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