[ Pobierz całość w formacie PDF ]

Tony wusste ganz genau, dass Libby seit Stunden nichts mehr
getrunken hatte und dass Stuarts Haus mehr oder weniger auf
seinem Heimweg lag; er hätte sie dort absetzen können. Er wollte
sie aber für sich allein haben. Er hatte es schrecklich gefunden, sie
den ganzen Abend lang mit Gio teilen zu müssen. Und er wollte sich
Zeit lassen! Er war so ein Idiot. Er hätte sie vom Flughafen mit dem
Standesbeamten im Schlepptau abholen sollen. Jetzt musste er mit
der italienischen Antwort auf : Let s Dance9 höchstpersönlich
konkurrieren, anstatt nur mit der Erinnerung an ein europäisches
Liebesabenteuer. Das sollte nicht heißen, dass er aufgeben würde.
Auf keinen Fall. Er würde so unnachgiebig kämpfen wie immer.
Auf dem Weg zum Auto und während der gesamten Fahrt
zurück zu seinem Haus schäumte Tony vor Wut. Er hasste Gio! Er
hasste ihn. Mel hatte erwähnt, dass er älter war, aber mal im Ernst
& Der Typ war uralt! Wie er sie den ganzen Abend befummelt
167/210
hatte! Er hatte ständig ihren Arm berührt oder nicht vorhandenes
Haar aus ihrem Gesicht gestrichen. Es war geradezu peinlich
gewesen. Tony hatte kaum den Impuls unterdrücken können, Libby
zu packen und so schnell er nur konnte zur Tür zu rennen, als er
zum ersten Mal gehört hatte, wie Gio : Mia Betta9 mit der Stimme
eines Liebhabers geflüstert hatte. Mia bedeutet : mein9 . Also gut,
mein Freund, überlegte sich Tony, denk noch mal genau darüber
nach, denn Libby ist seit Jahren mein & Sie hat es nur noch nicht
begriffen. Aber sie würde es begreifen. Tony musste nur den richti-
gen Weg finden, um es ihr zu zeigen. Wie konnte er sie davon
überzeugen?
»Also & sind wir da?«
Tony bemerkte, dass er in seiner Einfahrt geparkt hatte, und
fragte sich, wie lange er dort schon geistesabwesend gesessen hatte.
»Oh, tut mir leid, Lib. Ich bin wohl müde. Ja, wir sind da.«
Tony und Libby mussten zur Tür rennen. Der Nieselregen vom
Morgen hatte sich zu einem Regenschauer entwickelt, dann zu
einem Platzregen, und jetzt sah es so aus, als würde als nächstes ein
Wolkenbruch kommen.
Tony hatte ein hübsches Steinhaus im viktorianischen Stil. Es
gab eine kleine überdachte Terrasse mit einer Verandaschaukel
links neben der Eingangstür. Es sah wie ein Zuhause aus, dachte
Libby. Sie schaute sich drinnen um und musste kichern, als sie das
Wohnzimmer sah.
»Ich dachte, du hast keine Wohnzimmermöbel!«, neckte sie
ihn, als sie sich in einen Gartenstuhl aus Plastik fallen ließ  einen
von vier Stühlen, die in dem sonst leeren Raum standen.
»Nun ja, ich wollte nicht angeben.« Tony ließ sich in einem an-
deren Stuhl nieder und streckte sich dramatisch. »Ich werde Möbel
kaufen«, sagte er dann etwas ernster. »Nach den Neuigkeiten mit
meinem Buch sollte Geld auch kein Problem mehr sein.«
Libby nickte schläfrig. »Das ist toll, Tony. Du musst dich nicht
vor dem Mädchen rechtfertigen, das im sardinenbüchsengroßen
168/210
Gästezimmer ihres Stiefvaters lebt. Zeig mir den Rest!« Sie sprang
aus dem Stuhl auf.
Die Küche mit einer großen Kochinsel sah gemütlich aus und
war offen hin zu einem genauso gemütlich aussehenden Esszim-
mer. Die Bäckerin in Libby bemerkte die großzügigen Arbeits-
flächen und den Doppelofen. Das war eine Traumküche. Ungeb-
etene Bilder von Tony in einer pinkfarbenen Schürze, wie er Kekse
in sich hineinstopfte, kamen ihr in den Sinn.
»Kann ich dir etwas anbieten? Ich habe Saft  und das ist so
ziemlich alles.« Tony steckte seinen Kopf in den Kühlschrank. »Tut
mir leid. Ich gehe viel essen. Ich habe vielleicht irgendwo etwas Li-
monadenmix.« Tony durchstöberte seine leeren Küchenschränke,
als ob das Herumschieben des spärlichen Inhalts in den Regalen
eine verlockendere Auswahl produzieren würde.
»Ich brauche nichts, Tony.«
Libby durchstreifte die beiden Räume. Sie gefielen ihr. Sie
mochte das Haus. Dass sie hier heute so spät am Abend mit Tony
allein war, fühlte sich sehr vertraut an. Die Situation erinnerte sie
ein wenig an die nächtlichen Monopoly-Spiele der beiden  nur war
das Gefühl ungefähr tausendmal stärker. Plötzlich realisierte sie et-
was  und es traf sie wie ein Schlag. In Wirklichkeit rührte der Sch-
lag vom Donner von draußen, aber die Wirkung auf Libby war die
gleiche. Als sie dort stand und ihre nasse Kleidung Tropfen auf dem
Fliesenboden hinterließ und Tony sich törichterweise Sorgen um
die Getränkeauswahl machte, kam Libby zu der Erkenntnis, dass
sie Nona war. Tony hatte sie für alle zukünftige Romantik ver-
dorben. Noch nicht einmal heiße italienische Küchenchefs, die sie
anhimmelten und ihr gesamtes Leben für sie umwerfen wollten,
waren in der Lage, ihr Herz zu erobern. Sie würde Tony für den
Rest ihres Lebens lieben. Mist.
»Also, ich verspreche dir, dass ich das morgen früh wiedergut-
machen werde, indem ich das beste Take-away-Frühstück besorge,
das man finden kann.« Tony gab seine Suche auf und drehte sich zu
169/210
Libby um, die gedankenverloren ins Leere starrte. »Du siehst müde
aus. Möchtest du dein Zimmer sehen?«
»Okay.« Benommen folgte Libby Tony die mit Teppich belegte
Wendeltreppe hinauf. Sehr charmant, dachte sie. Genau wie der
Rest des Hauses und wie Tony.
»Also, das ist das Badezimmer  im Hauptschlafzimmer gibt
es noch ein Bad, deshalb kannst du das hier für dich alleine haben.
Und mein Zimmer ist hier drüben.« Obwohl sie das nicht wissen
muss, rügte Tony sich selbst. »Das ist dein Zimmer.« Tony öffnete
die Tür, und das Gästezimmer mit den Möbeln, die er damals als
Kind bei den Marchettis gehabt hatte, kam zum Vorschein.
»Kein Wunder, dass deine Eltern kein Gästezimmer mehr
haben«, neckte Libby ihn und betrat den Raum.
Irgendetwas stimmte nicht. Wo kam das Geräusch her? Sie
sahen es beide zur gleichen Zeit.
»Verdammt!« Tony sprang nach vorne und befühlte das Bett.
Es war klitschnass. Von der Decke kam ein ständiges Tropfen. »Oh
Mann!« Tony stöhnte und zog die Bettdecke weg, wodurch eine
durchnässte Matratze zum Vorschein kam. »Kennst du ein paar
gute Dachdecker?«, witzelte er lässig über seine Schulter.
»Tut mir leid, nein.« Libby schüttelte ihren Kopf. »Ist es sehr
schlimm?«
»Es hätte schlimmer sein können. Das Bett kann man jetzt
wegschmeißen, aber der Boden wurde dadurch gerettet. Ich wusste,
dass das Dach repariert werden muss. Ich hatte nur bisher keine
Zeit, mich darum zu kümmern. Vielleicht hätte ich mir etwas Zeit
nehmen sollen.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Gut.
Schadensbegrenzung.« Er rannte aus dem Zimmer und kam mit
einer Plastikplane und einem großen Kochtopf zurück. Er rückte
das Bett aus dem Weg und deckte die Stelle mit der Plastikplane ab,
um den Boden zu schützen, falls der Kochtopf nicht alle Tropfen
auffing. Danach trug er das Bettzeug hinunter in die Waschküche.
170/210
Nachdem sie getan hatten, was sie konnten, standen sich Tony
und Libby im Gang gegenüber und starrten sich an. Denn es gab
nur noch ein Bett.
»Tut mir leid, Lib. Hör zu, nimm mein Zimmer. Ich & «
»& schlafe auf dem Sofa?«, beendete Libby den Satz für ihn
und grinste ihn an.
»Auf dem Boden, würde ich sagen.« Tony machte bei dem
Gedanken eine Grimasse.
Libby wusste, dass die nahe liegendste Lösung war, ihn zu bit-
ten, sie zurück zu Stuarts Haus zu fahren. Seit ihrer Erkenntnis in
der Küche hatte sich aber ein anderer Gedanke in ihrem Hinterkopf
eingeschlichen  sie war nicht wirklich Nona, denn Nona hatte
glückliche Erinnerungen, die sich über 16 Monate erstreckten.
Wenn Libby also dazu verurteilt war, den Rest ihres Lebens allein
zu verbringen, dann wollte sie vorher auf jeden Fall wenigstens eine
glückliche Erinnerung schaffen.
»Können wir nicht teilen?« Libby hoffte, dass sie verführerisch
klang. Sie hatte in ihrem Leben nicht viel Gelegenheit gehabt, ver-
führerisch zu sein, deshalb improvisierte sie jetzt. »Ich meine, wir
sind doch beide erwachsen und alte Freunde & Ich bin mir sicher,
dass es kein Problem sein wird, zu teilen.« Okay, jetzt verwechselte
sie verführerisch mit flittchenhaft. Sie war aber langsam sehr verz-
weifelt, deshalb funktionierte flittchenhaft vielleicht. Davon abgese-
hen  Tony hatte bisher sowieso nur Interesse an ihr als einer Gele- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • leike.pev.pl