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doch nicht jetzt noch einen Rückzieher machen, oder?«, fügt sie
hinzu.
»Nein, nein, ich habe einfach bloß & noch mal von vorn angefan-
gen«, erkläre ich verlegen. Wenn ich mir jetzt die ursprünglichen
Bilder ansehe, habe ich ein Gefühl, als betrachte ich alte Fotos von
mir selbst. »Ich hab sie noch niemandem gezeigt. Es war wie eine
Eingabe im letzten Moment. Sie passen nicht mal zu dem
Landschaftsthema.«
»Yeah, okay, aber das Thema ist ja auch das Letzte«, sagt Ollie
lachend. »Darf ich sie mal sehen?« Als sie näher herantritt, merke
ich, dass sie nach frisch gewaschenem Leinen und Lavendel riecht.
Einen Moment lang kehrt die unsichtbare Viola zurück, und ich
würde am liebsten losstammeln, dass Ollies Sachen sowieso viel
besser sind als meine. Was stimmt. Aber es ist nicht so wichtig. In-
zwischen nicht mehr. Ollie ist einfach nur ein Mädchen, einfach &
eine Freundin? Ich brauche sie nicht zu studieren, so wie ich es
früher getan habe, brauche nicht herausfinden zu wollen, wie ich es
anstelle, zu ihrer Clique zu gehören. Ja, sie ist eine bessere Malerin
als ich. Aber jetzt gehören meine Bilder wenigstens mir und sind
keine Versuche mehr, Ollie zu sein oder ein Punk oder emo oder be-
liebt. Ich nicke und ziehe die Abdeckungen von meinen Werken.
Die Gemälde sind ziemlich chaotisch. Leute mit verschwommen-
en Gesichtern, unterscheidbar nur an ihrem Haar, ihrer Kleidung
und den Farben, die ihre zerfahrenen Gestalten umgeben. Szenen
von Partys, aus der Schule, Hinterköpfe im Unterricht und die
kleinen, dunklen Umrisse von unsichtbaren Mädchen.
»Oh, wow«, sagt Ollie inbrünstig. Sie lächelt und nickt, als sie die
Bilder der Reihe nach aufmerksam betrachtet. Nachdem sie das
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fünfte und letzte studiert hat, sieht sie mir wieder ins Gesicht. »Die
sind umwerfend.«
»Na ja, technisch sind sie ziemlich hingeschludert«, murmele ich
durch ein Grinsen hindurch.
»Ja, aber so originell! Und die Emotionen da drin, sie sind & sie
sind richtig kraftvoll«, sagt Ollie. »Ich hatte gefürchtet, du lässt
dich ablenken. Mir ist das passiert, als ich mit Aaron zusammen
war. Ich meine, er ist wirklich ein netter Typ, aber Malen ist nichts,
was ihm besonders viel sagt. Ich weiß nicht  es ist, als wären wir
dazu bestimmt gewesen, zusammen zu sein, weil wir mit denselben
Leuten zu tun haben, aber wir haben uns nie die Mühe gemacht,
mal zu überlegen, ob wir die Gefühle hatten, die dazugehören,
wenn man dazu bestimmt ist, zusammen zu sein. Wenn das ir-
gendeinen Sinn ergibt. Was es wahrscheinlich nicht tut, fürchte
ich«, sagt Ollie und schleudert ihr Haar nach hinten. »Es ist alles
einfacher jetzt, ich bin eher & eher ich. Und überhaupt, ich gehe
wieder mit jemandem«, fügt sie hinzu und wird eine Spur rot dabei.
»Wirklich? Mit wem?«
»Xander Davis.«
»Wow« ist alles, was mir dazu einfällt. Xander Davis hat keinerlei
Ähnlichkeit mit Aaron. Er gehört zum Inventar der schuleigenen
Dunkelkammer und leitet die Foto-AG, obwohl er eher für seine
stacheligen blauen Haare bekannt ist als für seine Fotos. Er ist etwa
auf meiner Ebene. Na ja, meiner alten Ebene, stelle ich fest, als ich
an die Hierarchien der Highschool denke. Er ist jemand, mit dem
ich mich hätte zusammentun können, sogar als ich noch ein un-
sichtbares Mädchen war.
»Yeah. Er sieht mich. Aaron hat s nicht getan. Aber vielleicht
sieht Aaron dich«, sagt Ollie mit einem freundlichen Achselzucken.
Eher nicht. Ein Junge mit blauen Haaren erscheint in der Tür 
Xander.
»Ophelia?«, sagt er, und seine Stimme hat etwas Poetisches, als
rezitierte er den Text eines Songs.
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Ollie grinst. »Du hast gesagt, du würdest mich in der Öffentlich-
keit nicht so nennen, Lysander«, gibt sie zurück.
»Moment mal  Ophelia?«, frage ich verblüfft, während ich eine
leere Leinwand auf die Staffelei stelle.
»Das ist mein richtiger Name. Vielleicht nehme ich jetzt wieder
eine Weile den statt Ollie.«
»Er ist wunderschön«, sage ich.
»Hey  Viola, stimmt s?«, sagt Xander dann, und in seiner
Stimme schwingt immer noch etwas wie Poesie. »Wir besorgen uns
noch schnell was zu essen, bevor die Ausstellung aufmacht, willst
du auch was?«
»Ich? Nein. Nein, schon okay. Aber danke«, sage ich schnell.
»Ich muss mir noch irgendwas einfallen lassen, wie ich dieses gan-
ze Zeug hier in einen Zusammenhang mit dem Landschaftsthema
bringe.«
Ollie runzelt die Stirn. »Hm & du könntest sagen & menschliche
Landschaften? Nein  soziale Landschaften, ginge das?«
Soziale Landschaften. »Das ist perfekt«, sage ich. »Danke.«
»Keine Ursache. Ruf an, wenn du es dir mit dem Essen noch an-
ders überlegst«, sagt Ollie, während sie sich am Spülbecken die
Hände wäscht. Sie schiebt ihre Hand in Xanders und nickt mir zu,
und dann verschwinden die beiden in den Gang hinaus.
»Sie sieht anders aus. Aber gut«, sagt eine leise Stimme. Ich
drehe mich um und entdecke Dschinn, der an einem Tisch lehnt.
Seine dunklen Augen schimmern, und in dem darauf folgenden
Schweigen streicht er sich mehrere schwarze Locken aus dem
Gesicht. Wie konnte ich mich je vor ihm fürchten? Jetzt will ich
nichts anderes mehr, als dass er näher bei mir ist. Ich werde rot,
denn ich weiß, dass er die Sehnsucht in mir lesen kann. Er be-
trachtet meine Gemälde sehr aufmerksam, studiert sie schweigend
mehrere Minuten lang, bis schließlich ein kleines, warmes Lächeln
über sein Gesicht geht. Er sagt nichts dazu. Aber im Grunde ist das
auch gar nicht nötig.
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Dann dreht er sich zu mir um, die schwarzen Locken noch immer
in den Augen. »Kann ich dir beim Aufbauen helfen?«
Dschinn hilft mir, die Staffeleien und Bilder im Vorraum des
Theatersaals aufzustellen. Wir reden eigentlich gar nicht dabei 
einfach nur eine Reihe von Blicken und kleinen Berührungen, bei
denen mir der Kopf zu schwirren beginnt. Wir lachen, als jemand
vorbeikommt und mich dabei erwischt, dass ich allem Anschein
nach Selbstgespräche führe, und ich bringe hastig noch ein paar al-
lerletzte Pinselstriche an. Lawrence taucht frühzeitig auf, und auch
die beiden übrigen Teilnehmer der Ausstellung sind inzwischen da.
Die eine hat ihre Eltern mitgebracht, die um sie herumschwirren
wie Wespen, der andere weint hysterisch in den Armen seiner
Mutter.
Soweit die königliche Familie informiert ist, bin ich immer noch
die glitzernde Viola, Aaron Moors Freundin  etwas, das ich bei-
nahe vergessen habe, bis sie alle auf einmal auftauchen und
durcheinander reden und lachen. Ich bin nett zu ihnen allen  ich
umarme Aaron, weiche seinem Kuss jedoch aus und mache den
glitzernden Mädchen Komplimente wegen ihrer neuen Strähnchen
und kiwigrünen Röcke. Danach halte ich mich an Lawrence, Ollie,
Xander und  obwohl nur Lawrence und ich ihn sehen können 
Dschinn. Wir sitzen nebeneinander auf einer Bank und warten da-
rauf, dass die Einführungen beginnen. Ollie und Xander essen die
Sachen, die sie sich aus dem Thai-Restaurant besorgt haben, und
Lawrence reißt Witze über die Schauspieler des Grease-
Theaterprojekts.
Die Veranstaltung läuft langsam an  Sarah Larson, das Mäd-
chen mit den Wespeneltern, schlingert gerade durch ihr Referat, als
meine Eltern eintreffen. Sie winken und flüstern meinen Namen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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